Gelesen: „The Circle“ von Dave Eggers

Du wusstest schon immer, dass Facebook und Google böse sind? Dass die Internetkonzerne die Weltherrschaft wollen? Dass unsere Kinder verloren sein werden, weil sie ihr gesamtes Leben preisgeben? Dass die ganze Welt verdummt, weil alle immer nur auf Smartphones starren? Dann ist nicht nur Digitale Demenz das ideale Buch für dich, sondern auch The Circle von Dave Eggers.

Die Bestätigung für die eigenen Befürchtungen sind in The Circle nämlich allzu leicht zu finden. Der Plot des Romanes ist erstmal nicht schlecht. Ein Super-Google-Facebook Konzern will der Nabel der Welt werden, eine Zentrale, um die sich alles dreht (daher Circle), die alles weiß, die alles sammelt. Dabei ist dessen grundlegende Idee nicht falsch. Informationen gemeinsam sammeln und allen zur Verfügung stellen ist durchaus vorteilhaft. Wikipedia ist ein gutes Beispiel dafür.

Der Firma Circle fehlt jedoch jedes Maß. Für das Sammeln und Nutzen von Daten gibt es irgendwann keine Grenzen mehr. Totale Transparenz ist das Ziel. Dabei wird aus „wer nichts Unrechtes tut, hat nichts zu verbergen“ der Schluß gezogen, dass „wer nichts verbergen kann, auch nichts Unrechtes tun wird“. Transparenz als Mittel zur Erschaffung einer besseren Welt.

Leider ist The Circle sehr eindimensional erzählt; nur aus der Perspektive von Mae. Sie beginnt im Circle zu arbeiten und ist total begeistert, obwohl sie ganz unten, in der Kundenbetreuung anfängt. Sie hat aber die Grundidee des Circle, „sharing ist caring“, nicht verinnerlicht und eckt erst mal an, weil sie nichts von sich teilt. Dann aber läßt sie sich vollständig auf diese Idee ein und entwickelt sie ins extreme, grenzenlose weiter. Sie ist aber sehr unreflektiert, zweifelt nicht, hinterfragt nicht. Es gibt quasi keine Außenperspektive. Nur eine Person, ihr Ex-Freund Mercer, wehrt sich, findet aber keine anderen Weg, als vor der Zivilisation zu flüchten.

Das wahre Gesicht der anscheinend von der Idee begeisterten Masse scheint nur kurz durch, als Mercer im analogen Asyl ausfindig gemacht und beschimpft wird. Nur an dieser Stelle wird die Verführung durch den Circle sichtbar. Bestimmt ist Mercer die perfekte Identifikationsfigur für alle, die Bestätigung suchen. Es wird so schlimm werden mit dem Internet, dass nur noch die Flucht in den Wald ohne Empfang, in die analoge Welt, bleiben wird.

Das Buch gibt es ja schon mehr als zwei Jahre und ich bin spät dran mit dem Lesen. Der Hype um The Circle ist vorbei, aber es erstaunt im digitalfeindlichen und auf Datenschutz versessenen Deutschland nicht, dass das Buch hier so populär war. Laut TZ ist es ideal für Analoge Anachronisten. Ich denke, auch durch die übertriebene Darstellung der Arbeit in Internetkonzernen wirkt es so stark auf viele Deutsche. Dabei ist das für uns zwar fremd, aber in amerikanischen Unternehmen und vor allen in Call Centern weit verbreitet. Einiges davon kommt mir ziemlich bekannt vor.

Mit kritischem Abstand ist The Circle durchaus lesenswert. Das Buch „How Google works“ gibt meiner Meinung nach aber mehr Einblick in die Welt des Silicon Valley. Ich bin außerdem der Überzeugung, dass die Gefahr der Überwachung primär nicht von den Internetkonzernen, sondern in Wirklichkeit von den Staaten und ihrem Datenhunger ausgeht.

#DigitalLeben: Digitalpolitik ist Gesellschaftspolitik

Letzte Woche habe ich die für mich wichtigsten Punkte des Grundsatzprogramms der SPD zur digitalen Gesellschaft erläutert. Wie dort bereits gesagt, ist das Grundsatzprogramm etwas lang geraten und die eingegangenen Kompromisse sind deutlich spürbar.  Das Progressive Zentrum und D64 wollen mit ihrem Policy Brief „Digitalpolitik ist Gesellschaftspolitik“ an das Grundsatzprogramm der SPD anknüpfen, es strukturieren und darüber hinaus gehen. Es sollen konkrete Maßnahmen zu den Bereichen Arbeit, Wirtschaft und Bildung formuliert werden.

Damit sind die Schlüsselthemen und die Strukturierung des Policy Briefs benannt: Aktive Gestaltung von Arbeit, Wirtschaft und Bildung in der digitalen Gesellschaft. Um diese Themen ins Zentrum der Betrachtungen zu rücken, wird ein eigenes Ministerium für Digitalisierung mit weitgehenden Kompetenzen und Kompetenzträgern gefordert. Ich persönlich rechne in dieser Legislaturperiode jedoch nicht mit einem eigenen Ministerium. Die Zeit dafür ist, auch aufgrund anderer Prioritäten, noch nicht gekommen. In 2013 hat Prof. Christoph Bieber auf der Tagung zur Netzpolitik in Tutzing gesagt, dass Netzpolitik (oder digitale Gesellschaft) für ein eigenes Ministerium Chefsache werden muss, bevor ein eigenes Ministerium entsteht. So weit ist es definitiv nicht. Interessant in dem Zusammenhang ist auch die Zeit Graphik zum Internetministerium von 2013. Die müsste mal aktualisiert werden. Weiterlesen

#DigitalLeben: Grundsatzprogramm für die digitale Gesellschaft

In 2014 hatte ich mich am Prozess #DigitalLeben beteiligt und mir Anfang 2015 vorgenommen, aktiver an der Gestaltung der digitalen Gesellschaft mitzuarbeiten. #DigitalLeben hatte den Zweck, ein Grundsatzprogramm zur digitalen Gesellschaft zu erarbeiten. Dies wurde Ende letzten Jahres tatsächlich vorgelegt und beim Parteitag der SPD im Dezember verabschiedet.

Nun muß ich feststellen, dass ich leider nicht so aktiv war, wie ich das vorhatte. Die Diskussion über den Entwurf des Grundsatzprogramms habe ich überhaupt nicht mitbekommen. Das ist an die Mitglieder nicht gut kommuniziert worden. Auf der Debatten-Seite zu #DigitalLeben konnte abschnittweise kommentiert werden. Im Rückblick lassen sich dort die Diskussionen noch verfolgen. Es sind einige Hundert Kommentare zusammen gekommen. Vielleicht hat man diese Plattform nicht breit angepriesen, damit sie nicht in einer Kommentarflut ertrinkt.

Wichtige Punkte für die digitale Gesellschaft

Das Grundsatzprogramm ist mit mehr als 40 Seiten so umfangreich, dass man es nicht mal so einfach überfliegen kann. Die für mich wichtigen Punkte hebe ich daher mal hervor (jeweils mit Zeilenangabe): Weiterlesen