Gelesen: Maigret und der Treidler der Providence

Zum ersten Mal habe ich einen Maigret Krimi gelesen: Maigret und der Treidler der Providence. Dieser handelt von einem Mordfall am Canal latéral à la Marne. Eine Tote wird gefunden und sofort taucht der Leser mit Maigret in die Welt der Schiffer und Schleusenwärter ein. Eine Fremde Welt. Sie ist nicht nur mir fremd, sondern auch den Menschen, die im Krimi nah am Kanal leben und arbeiten. Obwohl in direkter Nachbarschaft, bleiben die Kanal-Leute für sich. Sie sind immer unterwegs, kennen sich aber alle.

Es ist eine Zeit (die 1930er Jahre), in der die Motorisierung der Schiffe einsetzt. Die Kanäle werden von Lastkähnen mit den ersten Dieselmotoren genutzt, und gleichzeitig sind noch die die unmotorisierten Kähne unterwegs, die von Pferden mit ihren Treidlern gezogen werden. Die Motoren der neuen Kähne sind häufig noch so schwach, dass die Treidler diese überholen können. Trotzdem sind die Tage der Treidler gezählt. So sind sie die tragische Figuren des Krimis, die in enger Verbundenheit mit ihren Pferden ohne Wohnung in den Ställen am Kanal oder auf Schiffen leben. Die Tote ist die Ehefrau eines englischen Pensionärs, der mit einem Sportboot ebenfalls auf dem Kanal unterwegs ist.

Mit modernen Krimis ist Maigret nur schwer zu vergleichen. Der Sprachstil ist komplett anders. Hier wird kein Privatleben eingeflochten und auch vom Innenleben der Personen erfährt man nicht so viel. Für einen Krimi aus den 1930ern ist Maigret erstaunlich gut lesbar. Wieviel Anteil die neue Übersetzung daran hat, kann ich nicht sagen, aber ein lohnender Ausflug in eine längst vergangene Welt ist es auf jeden Fall. Dabei ist es kein Historienroman sondern aus dieser Zeit geschrieben.

Der Kanal mit seinen Kähnen, den Schleusen und den damit verbundenen Tätigkeiten hat mich an einen meiner schönsten Urlaube zurück denken lassen. Aus diesem sind die Bilder dieses Artikels.

Mit dem Narrowboat auf dem Oxford-Kanal

2013 waren wir auf dem Oxford-Kanal mit einem eigenen Boot unterwegs. Der Kanal ist extrem eng und daher wird er mit Narrowboats befahren, ziemlich langen Stahlkähnen, auf denen man recht bequem reisen und wohnen kann. Für fast eine Woche war so ein Narrowboat unser Zuhause und wir haben eine Fahrt den Kanal hinauf und hinunter gemacht. Dabei haben wir bestimmt 40 Schleusen genutzt und einen guten Eindruck davon gewonnen, wie das funktioniert. Heute wird der Oxford-Kanal nur noch touristisch genutzt. Echte Lastkähne gibt es dort nicht mehr.

Die Erinnerungen an diesem Urlaub kamen bei dem Maigret Krimi wieder hoch. Das müssen wir auf jeden Fall nochmal machen. Ich hatte auch das Gefühl, mich gut in die Personen des Krimis hinein denken zu können. Den Stress bei den Schleusen, die Warteschlangen davor, die Probleme im engen Kanal ohne Berührung an anderen vorbei zu kommen. All das haben wir auch erlebt.

Neu gelernt

Zwei Dinge habe ich beim Lesen dieses Maigret Krimis gelernt: Zum einen, was ein Treidler ist. Den Begriff kannte ich bisher noch nicht. Ein Treidler führt die Pferde, die die Kähne durch den Kanal ziehen. Die Geschichte des Begriffs Schäl Sick kannte ich als Kölner natürlich. Dass die Schiffe dabei von den Pferden über den Leinpfad getreidelt wurden, habe ich (von den Wörtern her) nicht gewußt.

Zum anderen sendet Maigret den Fingerabdruck des Verdächtigen per Funkbild in die Zentrale. Mir war neu, dass so etwas bereits in den 1930ern ging. Der Bildtelegrafie war tatsächlich bereits seit 1908 bei den Polizeien im Einsatz.

Erfahrungen mit 2 Jahren Apple Watch – Licht und Schatten

Nach mehr als zwei Jahren trage ich die Apple Watch täglich und es wird Zeit für ein Resume. Insgesamt kann ich sagen, ich bin sehr zufrieden mit der Apple Watch. Ich weiß, wie ich sie zu nutzen habe, was gut funktioniert und vor allem, was nicht geht. In vielen Bereichen bin ich voll zufrieden, in andern würde ich mit Verbesserungen wünschen.

Qualität

An der Qualität der Apple Watch ist nichts auszusetzen. Ich nutze die matte Version in Silber und weder bei meiner ersten Generation, noch bei der zweiten Generation sind Kratzer entstanden. Ich bin zwar nur Büroarbeiter, aber auch wenn ich mal etwas schleppe oder im Garten arbeite trage ich die Uhr. Beide Uhren haben alles anstandslos überstanden. Auch das Display ist bisher ohne Kratzer geblieben. Das kann ich von meinen vorherigen Uhren nicht behaupten.

Die Knöpfe und das Drehrad funktionieren immer noch tadellos. Manchmal ist das Drehrad etwas schwergängig, jedoch behebt sich das nach ein paar Umdrehungen immer von selbst. Etwas Dreck kann immer mal eindringen, führt aber nicht zu Problemen. Bei der zweiten Generation hatte ich ziemlich am Anfang einen Aussetzer des Mikrophons. Apple hat die Uhr daraufhin anstandslos ausgetauscht.

Laufzeit

Die Laufzeit ist auf einen Tag beschränkt. So ist es eben und so scheint es auch bei anderen Smart Watches zu sein. Nur die Fitness Tracker halten länger, haben aber wesentlich weniger Funktionen. Seit der Version 3 des WatchOS hat sich die Laufzeit zwar deutlich verbessert, für zwei Tage reicht es jedoch leider immer noch nicht. Immerhin lässt sich die Apple Watch dadurch zur Schlafanalyse nutzen. Ich trage sie quasi immer, solange ich wach bin. Zum Schlafen lege ich sie auf die Ladestation und nach dem Wachwerden ziehe ich sie direkt an. Dadurch habe ich eine ziemlich gute Erfassung meiner Schlafzeiten, was ich sehr interessant finde.

Sport

Beim Sport hat die Apple Watch ihre Stärken. Die Erfassung von Aktivitäten vieler Sportarten funktioniert sehr gut. Ich nutze sie auf dem Cross Trainer, beim Fahrrad fahren, Schwimmen und Wandern. Dabei wird die Aktivität, der Puls und außer in-door auch die Strecke festgehalten. Dadurch habe ich einen sehr guten Überblick meiner sportlichen Aktivitäten.

Aktivitäten pro TagDie Streuung meiner Aktivitäten ist groß, was mich nicht verwundert. Beim Sport ist es mehr, bin ich den ganzen Tag im Büro ist es eben weniger. Im Schnitt liege ich gut über der vorgeschlagenen Vorgabe von 400. Ende 2015 war ich länger krank. Die daraus entstandene Delle ist deutlich zu sehen. Übrigens analysiere ich die Daten immer noch selbst mit R in RStudio, wie in 2015 beschrieben.

Der größte Vorteil der 2. Generation der Apple Watch ist für mich die Möglichkeit, sie auch beim Schwimmen zu nutzen. Das war auch der wichtigste Grund, warum ich direkt nach ihrem Erscheinen auf die neue Uhr umgestiegen bin.

Podcasts

Mir ist unverständlich, warum Apple der Watch immer noch keine Unterstützung für Podcasts gegönnt hat. Nachdem die Podcasts Apps bisher nur eine Fernsteuerung der iPhone App vorgesehen haben, gibt es nun zumindest eine App, nämlich Overcast, die das Abspielen der Podcasts ohne iPhone ermöglicht. Leider unterstützt Overcast keine Podcasts mit Authentifizierung. Da ich unter anderem Die Zeit als Podcast höre und für den Download eine Authentifizierung nötig ist, hilft mir Overcast nicht. Also kopiere ich die Podcast immer noch so auf die Apple Watch, wie ich es schon mal beschrieben habe. Das ist etwas umständlich, dauert bei mir aber jede Woche nur ein paar Minuten.

Sind die Podcasts erst mal auf der Apple Watch reicht ein Bluetooth Kopfhörer, um sie beim Sporteln zu hören. Das ist gegenüber früher, als ich zusätzlich noch einen iPod brauchte, eine echte Erleichterung.  Die Liste der Podcasts, die ich beim Sport höre, ist seit langem relativ konstant. Dazu habe bereits 2014 etwas geschrieben.

Smart Home

AppleWatch mit AppsWie schon ein paar mal geschrieben habe ich einige Geräte zuhause, die miteinander vernetzt sind. Diese kann ich nicht nur über die Apple Watch steuern, sondern mache es tatsächlich auch. Dazu gehört die Musik, die größtenteils über Sonos läuft. Von Sonos gibt es zwar keine App, aber auch ZonePlay erfüllt seinen Zweck. Für die Heizungssteuerung nutze ich PocketControl. Diese App harmoniert sehr gut mit HomeMatic und erlaubt eine detaillierte Steuerung. Als Wetterstation habe ich Netatmo. Netatmo bietet keine App, aber myatmo gefällt mir und gibt überraschend viele Infos auf der Apple Watch.

Für Licht habe ich Philips Hue. Dort nutze ich jedoch keine App auf der Apple Watch, sondern Siri. Zur Steuerung der Heizung kann ich ebenfalls Siri nutzen. Wie das geht habe ich hier beschrieben.

Regelmäßig genutzte Apps

AppleWatch mit Onefootball AppTäglich nutze ich den Timer der Apple Watch zum Tee kochen. Ebenso lasse ich mich fast täglich von der Apple Watch wecken. Die Wecker-Funktion hat meinen normalen Wecker mittlerweile verdrängt. Auch den Kalender nutze ich täglich. Ich lasse mir meine dienstlichen und privaten Termin in einer Komplikation anzeigen (Fantastical) und habe so einen guten Blick auf meinen Tag. Wetterinfos schaue ich mehrfach am Tag an. Dazu nutze ich WeatherPro, aber da die Darstellung nicht wirklich passend ist, zusätzlich häufig auch noch die Standard Wetter App.

Notifications habe ich einige auf der Apple Watch aktiviert. So bekomme ich Infos über meine Aktivitäten auf Twitter, Facebook, WhatsApp, SMS (Nachrichten), Instagram etc. Bei Nachrichten antworte ich häufig direkt über die Uhr. Leider geht das bei WhatsApp und Facebook überhaupt nicht. Das würde ich mir eine Unterstützung wünschen.  Bei Twitter und Instagram mache ich manchmal einen Like über die Uhr, aber eher selten.

Ich bin zwar nur ein halbherziger Fußballfan, aber die Ergebnisse des 1. FC Köln interessieren mit irgendwie doch. Also lasse ich sie mir mit Onefootball anzeigen. Diese App ist klasse gemacht und zeigt, was auf der Apple Watch möglich ist.

Manchmal genutzte Apps

Ein paar Apps nutze ich ab und zu. Dazu gehört MotionX-GPS. Ein Urgestein des GPS Trackings. Gerade auf Phototouren, bei denen ich an den GPS Koordinaten der Fotos interessiert bin, nutze ich MotionX immer. Die Steuerung der App geht über die Apple Watch einfach und schnell. Hinterher lassen sich die GPS per Lightroom auf die Fotos übertragen.

Wallet nutze ich beim Reisen. Die Tickets von Fluggesellschaften oder der Deutschen Bahn speichere ich darin und habe sie jederzeit sowohl auf dem iPhone oder der Apple Watch parat. Selbst im Zug klappt das Ablesen des Tickets von der Uhr durch den Schaffner/die Schaffnerin sehr gut.

Als einziges Spiel habe ich Rules! auf der Apple Watch. Das macht durchaus zwischendurch Spaß und kann helfen, Wartezeiten zu verkürzen.

Was nicht funktioniert

Für mich ist es nicht praktisch, mit der Apple Watch unterwegs Aktivitäten durchzuführen, also beispielsweise ein Taxi zu ordern. Diese Apps gibt es zwar, aber da bin ich mit dem Handy viel schneller und flexibler. Für die Bedienung der Uhr brauche ich immer zwei Hände und das limitiert den Einsatz extrem. Beim Handy reicht eine Hand, was ein Riesenvorteil ist.

Viele Apps sind leider viel zu langsam. Trotz der Verbesserungen durch die schnellere CPU in der aktuellen Apple Watch und den Möglichkeiten durch WatchOS 3 ist die Reaktionszeit zu lang. Häufig ist der Bildschirm wieder aus bevor der Zustand einer App aktualisiert wurde. Da kann ich auch gleich das iPhone nehmen. Solche Apps nutze ich nur, wenn das iPhone zu weit weg ist und die Apple Watch über WLAN die Verbindung zum iPhone herstellen kann. Dann und nur dann nehme ich die lange Wartezeit in Kauf.

Das die Apple Watch nicht nur über Bluetooth sondern auch über WLAN mit dem iPhone kommunizieren kann ist übrigens ein Feature, dass ich noch nie irgendwo diskutiert gesehen habe. Dabei ist das extrem praktisch, wenn das iPhone auf dem Schreibtisch liegen gelassen wurde und dann ein einem entfernten Besprechungsraum trotzdem die Apple Watch funktioniert.

Die Zukunft

Aktuell gibt es viele Meldungen zur Apple Watch und Gesundheit. So berichtet die Presse über eine Analyse der App Cardiogram, die Messungen der Apple Watch zur Früherkennung von Herzproblemen nutzen kann. Die hohe Genauigkeit der Pulsmessung bei der Apple Watch ist dazu sehr wichtig. Ebenso wird gerade viel über die Unterstützung der Apple Watch bei Diabetes gesprochen. Dazu schein ein spezielles Armband entscheidend zu sein.

Allgemein wird der Ausflug von Apple ins Luxus-Segment als beendet betrachtet und der Fokus liegt nun auf Gesundheit und Fitness. Das scheint auch mir sinnvoller zu sein. Da hat die Apple Watch definitiv eher ihre Stärken und ich rechne mit einer Ausweitung in Richtung Schlafanalyse durch die Übernahme von Beddit.

Die Ausweitung der Gesundheits-Features würden bei mir auf fruchtbaren Boden fallen. Da bin ich immer dran interessiert. Weiterhin würde ich mir wünschen, dass die Apps schneller und unabhängiger würden. Ob dazu zwingend eine SIM Karte in die Apple Watch gehört, kann ich nicht sagen. Eine konfigurierbare, regelmäßige Aktualisierung würde erst mal reichen. Die aktuelle Hintergrundaktualisierung ist nicht effizient genug und kann auch von Entwicklern nicht beeinflusst werden.

Die Liebe zum Fußball – gelesen: Fever Pitch von Nick Hornby

Ich verstehe Fußball auch nach Fever Pitch von Nick Hornby nicht wirklich, aber zumindest ist mir das bedingungslose Fan-sein mal vor Augen geführt worden. Denn darum geht es in diesem Buch. Bedingungslos einem Verein treu zu sein. In Höhen und vor allem in Tiefen. Dabei wählt der Fan den Verein gar nicht. Vielmehr kommt der Verein über ihn, irgendwie, und dann läßt er nicht mehr los. So beschreibt Nick Hornby es. Er ist Arsenal verfallen. Einem Verein, der nicht sonderlich beliebt ist und für den er in der Schule gehänselt wird. Vielleicht ein bißchen so, wie Fan von den 60ern in München zu sein.

Ich bin Fan vom 1. FC Köln. Aber natürlich nicht wirklich. In Fever Pitch werden Fans verachtet, die nicht mal die Namen der aktuellen Spieler wüßten. Die sind direkt entlarvt und können gar keine echten Fans sein. Ich bin genau so ein Fan vom 1. FC Köln. Bis vor kurzemwar ich noch nie in einem Fußballstadion zu einem Ligaspiel. Für mich war Fußball immer zu sehr mit Gewalt verbunden. Aus meiner Jugend sind mit nur Hooligans und Randale in Erinnerung. Das ist sicher Unsinn, aber ich habe Tennis gespielt und Fußball war weit weg.

Das hat sich mit dem deutschen Sommermärchen ein wenig gewandelt: der Fußball-WM 2006. Ich hatte mir quasi nie ein Spiel angeschaut und nun fand ich mich im Biergarten beim Public Viewing wieder. In einer Smartphone- und Social Media-freien Welt waren unsere Ansprüche damals nicht sehr hoch. Da reichte ein kleiner Fernseher auf einer Brotkiste. Das Ergebnis war für uns nicht so toll, aber ich habe erlebt, dass Fußball schauen Spaß machen kann. Seitdem schaue ich ab und zu mal ein Spiel.

Das sind jedoch nicht die Spiele von denen in Fever Pitch berichtet wird. Nick Hornby schreibt über die Zeit von 1968 bis 1992. Einer Zeit, die frei war von Finanzinteressen und Gentrifizierung. Fever Pitch erschien, als sich Fußball gerade wandelte zu dem was er heute ist. Mit sicheren Stadien, voller, familien- und frauenfreundlich. So zumindest schreibt Nick Hornby es 2012 im Vorwort der Auflage von 2013. Es ist also von einem anderen Fußball die Rede als dem, den wir heute kennen. Einem Fußball mit rauen und wilden Fans, mit Prügeleien auf den Rängen und auf dem Platz, und mit Toten. Die Hillsborough Katastrophe war der schreckliche Höhepunkt dieser Zeit.

Ich habe keine Ahnung von Fußball, kenne kaum Spieler oder Trainer, keine Taktik, weiß gerade mal, was Abseits ist, aber nicht wann ein direkter oder ein indirekter Freistoß erfolgt. Ich kann die Spielzüge meist nur sehen, wenn sie im Fernsehen schön mit Graphiken aufbereitet werden. Das machen die wirklich gut und es hilft, Laien wir mir das Spiel zu erschließen. Darum geht es in Fever Pitch gar nicht. Bei Fußball geht es primär gar nicht um die Taktik und die Spielzüge. Es geht fast ausschließlich um Emotionen. Je mehr Emotion desto besser. Am liebsten natürlich Freude, aber Schmerz wird ebenso gern genommen. Nur bei ausreichend Tiefen können die Höhen auch genossen werden.

FC Bayern hat gewonnen

Beim FC Bayern kann man das gut erkennen. Bereits kurz nach dem Spiel ist die Allianz Arena fast leer. Siegen ist das Normale. Viele Fans werden vom Siegen nicht mehr berührt, weil es erwartet wird wird. Möglichst schnell raus aus dem Stadion, bevor die Schlange am Parkhaus zu lang wird. Das ist nicht nur für die Liga, sondern auch für die Fans langweilig. Wahrscheinlich tue ich vielen Fans unrecht, aber ich bin Fan (naja) vom 1. FC Köln, weil ich da herkomme. Wenn ich eine emotionale Bindung zu einem Verein habe, dann zum 1. FC Köln (nur sehr locker natürlich). Bei FC Bayern Fans habe ich häufig das Gefühl, sie mögen einfach, Gewinner zu sein, vergessen aber, dass das langweilig ist.

Genug FC Bayern bashing. Nick Hornby erklärt in Fever Pitch was nötig ist, eine Fußballpartie unvergesslich zu machen. Die Ingredienzen dazu sind allzu verständlich. Zuerst mal braucht es Tore, viele Tore. Dann schlechte Schiedsrichterentscheidungen. An denen kann man sich richtig abarbeiten. Natürlich eine laute Kulisse, Fangesänge, Jubel etc. Und dann ein Rückstand, der kurz vor Ende aufgeholt wird. In letzter Minute schließlich der Siegestreffer. Ein klassischer Spannungsbogen eben. Das kann es leider nur selten geben.

Ohne echte Fans kein Fußballerlebnis für niemanden

Fangesang ist übrigens sehr wichtig. In diesem Jahr habe ich einige Stadionführungen gemacht, unter anderem auch im Hamburger Volksparkstadion. Der HSV ist als einziger Verein seit Gründung der Bundesliga mit dabei und nicht abgestiegen. Das zeigen sie auch stolz mit einer Uhr im Stadion. Abstiegsgefährdet sind sie allerdings häufig. Vielleicht macht es das für die Fans aus. Langeweile kommt da bestimmt keine auf und hält sie trotz Frust bei der Stange. Zum Glück, denn Fußballvereine sind kommerzielle Unternehmen, und das wird auch bei den Ticketverkäufen sichtbar. 50% der Erlöse kommen durch die VIP Tickets, obwohl sie nur einen kleinen Teil der Zuschauer ausmachen. Ohne die echten Fans in der Kurve, die Stimmung machen, singen, jubeln, grölen, leiden, wäre kein VIP im Stadion.

Volksparkstadion Hamburg

Mit über dreißig ist Nick Hornby von den Stehplätzen auf einen Sitzplatz mit Dauerticket gewechselt. Er ist immer noch genauso emotional verbunden, aber schneller genervt vom Geschiebe. Das Alter eben. Ich hatte etwas Mühe mit Nick Hornbys Liebe zum Detail in Fever Pitch. Ich kenne den englischen Fußball noch viel weniger als den deutschen. Mit den vielen Spielern und Spielergebnissen konnte ich wenig anfangen. Insgesamt bin ich trotzdem froh, das Buch geschenkt bekommen und gelesen zu haben. Der Einblick in das Seelenleben eines echten Fans war es wert.

Stuttgart Mercedes-Benz Arena

Was habe ich neues gelernt? Echte Fußballfans leiden viel mehr, als dass sie sich freuen. Eigentlich fragen sie sich bei jedem Spiel, warum sie überhaupt da sind, und kommen doch zum nächsten wieder.