Das anekdotische Buch „Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman!“, von dem Physiker Richard P. Feynman selbst geschrieben, trägt den Untertitel „Abenteuer eines neugierigen Physikers“. Der bereits 1988 verstorbene Feynman hat darin Geschichten und Anekdoten aus seinem Leben aufgeschrieben. Es ist im Original 1985 erschienen und bereits 1987 auf Deutsch.
Die erste Überraschung für mich war, dass Feynman an der Entwicklung der Atombombe mitgearbeitet hat. Von Oppenheimer und dem Manhattan Projekt habe ich zwar schon gehört, aber von den daran beteiligten wusste ich wenig. Er taucht in den Beschreibungen über die Entstehung der Atombombe (z.B. auf Wikipedia) kaum auf. Er war damals noch sehr jung (23) und daher nicht im Fokus. Die USA haben für das Manhattan Projekt alle schlauen Köpfe zusammen gebracht, die etwas dazu beitragen konnten. Feynman selbst hat über seine Anwerbung gesprochen, die kam, während er an seiner Doktorarbeit schrieb:
„I said, “It’s all right that you told me the secret because I’m not going to tell anybody, but I’m not going to do it.“ So I went back to work on my thesis – for about three minutes. Then I began to pace the floor and think about this thing. The Germans had Hitler and the possibility of developing an atomic bomb was obvious, and the possibility that they would develop it before we did was very much of a fright. So I decided to go to the meeting at three o’clock.“
Eigentlich wollte er nichts damit zu tun haben, aber der Druck während der Kriegsjahre war groß. Ebenso kam natürlich die Neugierde hinzu. „Seine Aufgabe war es festzulegen, wieviel radioaktives Material gefahrlos an einem Ort untergebracht werden konnte“ (hier). Im Buch beschreibt er, dass dazu eine große Anzahl von Berechnungen durchgeführt werden musste. Die damals verfügbaren mechanischen (!) Rechenmaschinen gingen dabei oft kaputt. Er kam auf die Idee, dies effizienter zu gestalten und Zahlen durch ein Netz von Operationen zu schicken und so die immer gleichen Berechnungen für verschiedene Ausgangsdaten durchzuführen. Das hört sich schon stark nach einem Computer an. Die Rechenmaschine aber war eine großer Raum mit Frauen, die jeweils eine Operation durchführten. Sie bekamen eine Karte mit den Zahlen, führten die Operation durch und reichten das Ergebnis auf einer Karte weiter. Die erste Frau bekam also die Ausgangsdaten und die letzte Frau schrieb das Ergebnis auf der Karte.
Als Physiker war er an der Theorie interessiert und die Auswirkungen der Atombombe waren eher wenig in seinem Bewusstsein. So wird hier weiter berichtet: „Die Explosion erfüllte ihn mit einem Gefühl der »Hochstimmung« … »Obwohl es eigentlich zu meinem Geschäft gehört, war ich immer sehr mißtrauisch, was theoretische Berechnungen anbelangt. Ich bin mir nie ganz sicher, daß die Natur wirklich das tut, was sie den Berechnungen zufolge tun sollte. Aber hier klappte es, sie tat genau das, was wir berechnet hatten.«
Das Buch erstreckt sich über sein gesamtes Leben und enthält zum Teil verrückte Anekdoten über das Trommeln (er ist beim Karneval in Rio in einer Gruppe als Trommler mitgelaufen), Las Vegas (er liebte Las Vegas und war dort oft in Shows und Bars, hat aber nicht gespielt … die Wahrscheinlichkeiten konnte er sich ja genau ausrechnen), Fremdsprachen (auch mit Kauderwelsch kommt man durch), Bildungspolitik (er saß in einer Kommission für Schulbücher und war entsetzt, wie falsch sie sind) und Halluzinationen.
Seine Erzählungen über die sensorische Deprivation zeigen, wie weit seine Neugierde ging. Bei der sensorischen Deprivation wird versucht, alle äußeren Reize auszuschliessen. Dazu legte er sich in einen abgeschlossenen Metalltank, der mit Salzwasser gefüllt ist. Dadurch schwebte er in dem Tank und weder Töne oder Licht noch Berührungen führten zu Reizen. Allein auf sich selbst bezogen hat er versucht, Halluzinationen zu bekommen. Dies ist ihm in seinen mehrere Stunden dauernden Sitzungen auch immer besser gelungen. Er konnte sich dabei selbst von außen betrachten und Perspektiven einnehmen, die normalerweise unmöglich sind.
Microsoft hat Vorlesungen von Feynman veröffentlicht. Es lohnt sich, da mal reinzuschauen, um einen Eindruck von Feynman und seiner Art zu bekommen. Hier beispielsweise seine Vortrag zu „The Destinction of Past and Future“ vom 16.11.1964 (geht nur mit Silverlight😒). 1965 erhielt er übrigens den Nobelpreis für Physik.
Wer Interesse an Physik oder verrückten Geschichten hat und einen Nerd aus dem letzten Jahrhundert kennen lernen will, sollte das Buch lesen.