#DigitalLeben: Digitalpolitik ist Gesellschaftspolitik

Letzte Woche habe ich die für mich wichtigsten Punkte des Grundsatzprogramms der SPD zur digitalen Gesellschaft erläutert. Wie dort bereits gesagt, ist das Grundsatzprogramm etwas lang geraten und die eingegangenen Kompromisse sind deutlich spürbar.  Das Progressive Zentrum und D64 wollen mit ihrem Policy Brief „Digitalpolitik ist Gesellschaftspolitik“ an das Grundsatzprogramm der SPD anknüpfen, es strukturieren und darüber hinaus gehen. Es sollen konkrete Maßnahmen zu den Bereichen Arbeit, Wirtschaft und Bildung formuliert werden.

Damit sind die Schlüsselthemen und die Strukturierung des Policy Briefs benannt: Aktive Gestaltung von Arbeit, Wirtschaft und Bildung in der digitalen Gesellschaft. Um diese Themen ins Zentrum der Betrachtungen zu rücken, wird ein eigenes Ministerium für Digitalisierung mit weitgehenden Kompetenzen und Kompetenzträgern gefordert. Ich persönlich rechne in dieser Legislaturperiode jedoch nicht mit einem eigenen Ministerium. Die Zeit dafür ist, auch aufgrund anderer Prioritäten, noch nicht gekommen. In 2013 hat Prof. Christoph Bieber auf der Tagung zur Netzpolitik in Tutzing gesagt, dass Netzpolitik (oder digitale Gesellschaft) für ein eigenes Ministerium Chefsache werden muss, bevor ein eigenes Ministerium entsteht. So weit ist es definitiv nicht. Interessant in dem Zusammenhang ist auch die Zeit Graphik zum Internetministerium von 2013. Die müsste mal aktualisiert werden.

Arbeit in der digitalen Gesellschaft

Dass sich Arbeit gerade verändert, wird wahrscheinlich fast jedeR spüren. Um gestalten zu können, muss sich der Blick auf Arbeit, der Begriff von Arbeit, die Arbeitskultur, ebenfalls verändern. Arbeitsprozesse sind häufig nicht mehr linear und Modelle von Arbeit, die sich auf Anwesenheit oder zeitbasierte Vergütung beschränken, nicht mehr zeitgemäß. Die Digitalisierung darf nicht als bloße Arbeitsverdichtungsmaßnahme begriffen werden. Freiräume zur flexiblen Gestaltung von Arbeit und Freizeit sollen gefördert werden, indem das Verhältnis von Arbeitnehmern und Arbeitgebern neu definiert wird. Einher geht damit die gemeinsame Betrachtung von selbstständiger und abhängiger Beschäftigung, sowie die Veränderung der Besteuerung und die Anpassung der Rentensysteme.

Wirtschaft in der digitalen Gesellschaft

Die Digitalisierung ist nicht nur für die Gesellschaft eine große Herausforderung sondern auch für die Unternehmen. Sie ist aber hier wie da ebenso eine große Chance. Durch Innovationen können neue Märkte erschlossen, Arbeitsplätze geschaffen oder das Zusammenleben verbessert werden. Wichtig ist dabei die Förderung von Gründern und die Abkehr vom Protektionismus bestehender Strukturen. Eine leistungsfähige Infrastruktur mit einem freien Zugang für alle (Netzneutralität!) ist zur Wahrung der Chancen unabdingbar. Eine Startup-Quote für Unternehmen und die Förderung von Crowdfunding wird ebenfalls gefordert.

Bildung in der digitalen Gesellschaft

Die gesamte Gesellschaft muss in die Lage versetzt werden, das Internet als Werkzeug zu nutzen. Dies geht nicht alleine durch Schulen und Universitäten, sondern schließt Erwachsenenbildung mit ein. Die Vermittlung von Medienkompetenz muss ein wesentlicher Baustein zukünftiger Bildungsprogramme sein.

Die Möglichkeiten der Digitalisierung sollen nicht nur vermittelt, sondern in der Bildung auch genutzt werden. Dazu ist Ausstattung und Ausbildung von LehrerInnen notwendig. Eine grundsätzliche digitale Lehrmittelfreiheit und die Nutzung von Open Educational Resources sind wichtige Komponenten auf dem Weg zu einer Wissensgesellschaft.

Digitalpolitik muss gestaltet werden

Den Anspruch, konkrete Maßnahmen zur Gestaltung von Digitalpolitik vorzuschlagen, kann das Papier nicht einlösen. Dafür ist es auch zu kurz. Aber gerade in der Kürze liegt sein Vorteil. Das Grundsatzprogramm der SPD zur digitalen Gesellschaft ist mit 40 Seiten so umfangreich und leider auch so unstrukturiert, dass es wohl nur als Referenz herangezogen werden kann. Der Policy Brief zum Thema Digitalpolitik ist dagegen klar strukturiert und bringt die wesentlichen Themen auf den Punkt. Es läßt wichtige aber kontroverse Themen wie Datenschutz oder Transparenz aus und ist trotzdem ein wichtiges Statement auf dem Weg in eine digitale Gesellschaft, in der wir uns wohl fühlen können.

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