Gelesen: „Blackout“ von Marc Elsberg

Das Schlimme am Krimi Blackout von Marc Elsberg ist, dass er so realistisch ist. Ein Ausfall der Stromversorgung hätte wirklich extreme Auswirkungen und ein solcher Ausfall ist nicht gänzlich unwahrscheinlich. Ich leite das aber nicht nur aus dem Buch ab. In 2015 habe ich an einer Tagung zu Energietechnik an der Hochschule Aachen teilgenommen. Dort waren Experten zu diesem Thema anwesend und wir haben in einem Pausengespräch über dieses Buch gesprochen. Das war der eigentliche Auslöser dafür, dass ich das Buch überhaupt gelesen habe.

Die technisch-betriebliche Sicherheit der Stromübertragungsnetze war bei dieser Tagung ein Veranstaltungsthema. Die Experten haben dargestellt, für welche Art Fehler das Netz aktuell gerüstet ist. Und ein Totalausfall ist daher durchaus möglich, wenn zu viele Komponenten gleichzeitig betroffen sind. Es gibt immer eine Ausweichroute für den Strom oder Kraftwerke, die zur Stabilisierung des Netzes einspringen können. Wenn allerdings zu viel ausfällt, greift das nicht mehr und das Netz ist weg.

Mir war vor dieser Tagung nicht wirklich bewusst, dass quasi exakt soviel Strom erzeugt werden muss, wie abgenommen wird. Nach meinem laienhaften Verständnis wird die Frequenz zum Ausgleich zwischen Erzeugung und Abnahme verwendet. Ist sie exakt 50 Hz (in unserem Netz), so besteht ein Gleichgewicht. Bei einem Ungleichgewicht ist die Frequenz leicht höher oder niedriger. Die Kraftwerks- und Netzbetreiber sind immer bemüht, das System im Gleichgewicht, also bei richtiger Frequenz zu halten.

In dem Buch Blackout ist es auch so. Das Netz wird aber durch gezielte Manipulationen aus dem Gleichgewicht gebracht und ganz Europa ist dunkel. Blackout beschäftigt sich mit mehreren Seiten des Stromausfalls. Zum einen mit der Stromerzeugung und dem Netz. Es wird dargestellt, wie an verschiedensten Stellen in Europa versucht wird, das System wieder in Gang zu bringen. Darunter sind Kraftwerke, Energiekonzerne und Netzbetreiber. Eine weitere Perspektive ist die Aufklärungsseite. Verschiedene Behörden versuchen, hinter die Gründe der Abschaltung zu kommen. Europol ist eine davon. Die dritte Sicht ist die gesellschaftliche und politische. Die Auswirkungen auf die Lebensumstände sind recht bald dramatisch. Das hat zuerst mit dem Winter zu tun, weil alle Heizungen ausfallen. Aber schon innerhalb weniger Tage hapert es gewaltig in der Essensversorgung und bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung.

Vor einiger Zeit habe ich Rattentanz von Michael Tietz gelesen. Ein Buch mit einem vergleichbaren Thema. Dort fallen auf einmal alle Computer aus. Die Auswirkungen sind ebenso dramatisch. Während sich Rattentanz auf den Rückfall der Gesellschaft in mittelalterliche Verhältnisse konzentriert, betrachtet Blackout das Thema umfassender. Auch ein Fehler von Rattentanz passiert in Blackout nicht. In Rattentanz kommen die Atomkraftwerke relativ glimpflich davon. Seit Fukushima wissen wir, dass ein Ausfall der Kühlung fatal ist. Das wird in Blackout, deutlich später und nach Fukushima geschrieben, korrekt dargestellt.

Wer Interesse an den Zusammenhängen zwischen Stromerzeugung und Stromnetzen in Europa hat und Einblick in die Mechanismen des Katastrophenschutzes bekommen möchte, wird Blackout gefallen. Ich habe beim Lesen etwas mit den vielen Perspektiven gehadert und fand es enttäuschend, dass nur ein cleverer Held die Situation retten konnte. Ingesamt dennoch ein spannendes, lesenswertes Buch.

Neu gelernt habe ich etwas über Stromnetze und Smart Meter, Katastrophenschutz und europäische Polizeiarbeit.