Dies ist mein Beitrag zu Tanja Praskes Blogparade „Mein fazinierendes Kulturerlebnisâ€: Welches Kulturerlebnis faszinierte Euch? Warum? Woran erinnert Ihr Euch besonders gerne?
Im Sommer waren wir in London und haben eine Alternative Stadtführung besucht, die uns die Street-Art Szene im East End näher gebracht hat (habe ich auch schon mal hier beschrieben). Wir sind wahrlich keine Experten für Street-Art und Graffitis, aber viele Arbeiten begeistern uns und daher wollten wir uns in der an Exponaten wirklich reichhaltigen Gegend fachkundig führen lassen.
Um an der Stadtführung teilzunehmen, muss man sich über das Internet anmelden und dann am vereinbarten Treffpunkt pünktlich erscheinen. Das haben wir dann auch so – wenn auch extrem kurzfristig – gemacht und fanden uns in einer Gruppe von 40 Personen unterhalb einer weißen Ziege wieder. Zwei lockere Jungs in zu erwartendem Outfit (save the hoodie!), die nach eigenem Bekunden selbst Sprayer sind, entpuppten sich als unsere Führer. Mit einem von beiden zogen wir dann, leider bei Regen, los.
Zuerst ging es um das Viertel an sich. Die Historie (an Juden, Hugenotten, Pakistanis kann ich mich erinnern) und die Gentrifizierung (wie überall) durch die Ausweitung des Finanzdistrikts, das schon recht nahe gekommen ist.
Wir liefen dann durch viele Straßen, Hinterhöfe, Gässchen, um uns die aktuellen Werke anzuschauen. Vieles wird auch heute noch über Nacht gesprüht, wie hier an der Tür des Frisörs.
Es gibt aber mittlerweile eine große Anzahl von Bildern, die als Auftragsarbeiten oder zumindest im Einverständnis mit dem Eigentümer erstellt wurden. Die Vielzahl der Techniken ist beeindruckend. Auch unser Führer war von einigen Bildern ob der exzellenten Beherrschung der Sprühflasche begeistert: „Die machen Sachen mit der Sprühflasche an die niemand bisher gedacht hat oder überhaupt für möglich hielt“.
Echte politische Aussagen sind eher selten. Platte Sprüche sehen aber manchmal auch gut aus.
Kunstwerke kann man nicht nur auf den Wänden, sondern durchaus auch auf dem Boden finden. Art ist Tra$h ist dabei das Motto des Künstlers, das er überall hinsprüht.
Der Einfallsreichtum ist schier umbegrenzt. Ob eine Arbeit länger erhalten bleibt liegt nicht nur am Eigentümer, sondern auch an der Qualität eines Bildes selbst. Ist es wirklich gut, bleibt es über lange Zeit unangetastet.
Richtig super fand ich ein Bild, bei dem nichts aufgetragen wurde (also z.B. Farbe), sondern etwas abgetragen. Durch das wegschlagen des Putzes an einer Häuserwand ist ein Bild entstanden. Das ist aus der Nähe fast nicht zu erkennen und erschließt sich erst aus der Entfernung. Unser Führer meinte, dass der Künstler mit schwerem Gerät arbeitet und selbst kleine Sprengladungen einsetzt.
Die Anzahl der richtig guten Werke ist fast unüberschaubar. Wir waren richtig begeistert davon, dass es nicht überall von Tags wimmelt (die mag ich nicht) und auch nicht hauptsächlich Schablonenwerke zu sehen sind. Davon gibt es zwar auch gute (von Banksy haben wir nichts gesehen), die meisten wiederholen sich aber sehr. In München dominieren die an jede Ecke aufgesprühten Panzer, Vögel und Mädchen.
Auf jeden Fall ist die Alternative Stadtführung eine gute Alternative zu einer normalen Stadtführung. Wen Street-Art begeistert, dem kann ich dies nur empfehlen.