Aus dem Alltag verschwunden: Die Musterfarbrollen

Wand mit Muster von einer Farbrolle#DailyVanish – Dinge, die aus unserem Alltag verschwinden. Dazu hat der Museumsheld eine Blogparade initiiert und ich dachte schon lange, da mache ich mit. Das Thema ist jedoch schwerer, als es klingt. Die Gegenstände, auf die man sofort kommt, hat er bereits selbst aufgezählt (Musikkassette, Schreibmaschine, Polaroid, …) oder andere haben sie bereits gebloggt (Disketten, Anrufbeantworter, …). Heute ist mir aber – kurz vor Schluss – noch das passende in die Hände gefallen: Eine Musterfarbrolle.

Ich kenne  diese Farbrollen nicht wirklich aus meiner Jugend. Bei mir Zuhause gab es damals schon Tapeten. Zuerst Mustertapeten und später Raufaser. Diese haben die Farbrollen schon vor langer Zeit abgelöst. Wir haben aber gemeinsam mit Freunden ein Haus in der Fränkischen Schweiz gekauft und beim Renovieren der Küche kam unter der Tapete doch tatsächlich ein gerolltes Muster zum Vorschein. In der Fränkischen Schweiz wurden mit solchen Rollen bis in die 70er Jahre hinein die Wände verziert. Verena kennt das aus ihrer Jugend von der bäuerlichen Verwandtschaft.
Musterfarbrollen
Auf einem Trödelmarkt in München haben wir im letzten Jahr solche Rollen erstanden. Genutzt haben wir sie bis heute noch nicht. Es fehlt noch an einer geeigneten Halterung, mit der die Rollen geführt werden können.

Seitdem wir zusammen wohnen, haben wir noch nie Tapete verwendet. Wir haben die Farbe – meist Weiß oder in letzter Zeit auch Gelb, Blau, Grün und Rot – direkt auf den Putz gestrichen. In dem alten Haus in der Fränkischen Schweiz ist der Putz zu schlecht dafür. Da wir nicht selbst verputzen können, haben wir dort Raufaser verwendet.

In Deutschland sind mir die Rollen im Geschäft noch nicht aufgefallen. Im Designwunderland England jedoch gibt es sie neu zu kaufen. Dass sie wirklich wieder in Breite Verwendung finden, halte ich für ausgeschlossen. Die Nutzung ist einfach zu schwierig und das Ergebnis schnell unansehnlich. In Mode sind da eher die Wandtattoos, denen ich aber auch kein langes Leben mehr prophezeie.

Ist Big Data eine Revolution?

Big Data – was ist das denn? Zumindest bei meiner Arbeit ein Riesenthema! Da in Tages- und Wochenzeitungen darüber berichtet wird, ist es auch ein Mainstreamthema. Schon im Januar schrieb Die Zeit darüber. Damals noch eher unbedarft. Bei Big Data geht es um viele Daten, die mit Hilfe von noch mehr Technologie ausgewertet werden. Das hört sich doch gleich nach Überwachung an. Seit Snowden wird Big Data kritisch beäugt.

Dabei geht es bei Big Data gar nicht um Überwachung. Zumindest nicht primär. Der Begriff ist jedoch nicht leicht zu fassen. Daher gefällt mir das Buch „Big Data“ von Viktor Mayer-Schönberger und Kenneth Cukier, das ich gerade gelesen habe, sehr gut. Mit einfachen Worten und Beispielen wird das Wesen von Big Data herausgearbeitet. Mit je einem eigenen Kapitel beschreibt das Buch die mit Big Data verbundenen Paradigmenwechsel:

  1. Mehr – es werden möglichst viele Daten für Analysen verwendet
  2. Unscharf – es kommt nicht so sehr auf die Genauigkeit der Daten an
  3. Korrelation – das „was“ ist ausreichend und das „warum“ nicht zwingend notwendig

Basis dafür, dass dieser Paradigmenwechsel überhaupt fruchtet, ist die zunehmende Datafizierung. Immer mehr Abläufe, Ereignisse und Zustände werden digital erfasst und stehen für Auswertungen zur Verfügung. So können Maschinen besser gewartet werden oder Patienten besser versorgt werden. Natürlich wird auch die Werbung damit effizienter. Amazons „andere Kunden haben Produkte x,y gekauft“ basiert auf solchen Big Data Analysen. Schon vor Jahren wurden dort die menschlichen Experten für die Empfehlungen entlassen. Big Data brachte einfach bessere Ergebnisse.

Und damit wird auch das Risiko deutlich. Big Data kann zu gewaltigen Umwältzungen führen. Wenn das „warum“ nicht mehr relevant ist, sonder nur noch das „was“ herangezogen wird, ist die Transparenz nicht mehr gegeben. Im Buch wird daher eine Art Zertifizierung für die Big Data Verfahren vorgeschlagen. Dies soll verhindern, dass wir zu „Opfern“ der Algorithmen werden, und nicht nur beim Kaufen, sondern in nahezu allen Lebenslagen der Big Data Analyse ausgeliefert sind.

Auch die dunkle Seite wird im Buch beleuchtet. Wie jede wirkmächtige Entwicklung hat auch Big Data eine dunkle Seite durch Missbrauch. Dazu gehört nicht nur die Überwachung durch die NSA. Auch die Wahrung des Datenschutzes durch private Unternehmen ist wichtig. Dabei muss eine Balance zwischen Schutz und fruchtbarer Nutzung erreicht werden. Auf eine bessere Verkehrssteuerung durch Big Data will ja quasi niemand mehr verzichten.

Das Buch „Big Data“ ist vor der Snowden Enthüllung erschienen und seine Stärke ist, dass schon damals die dunkle Seite diskutiert wurde. Daher ist das Buch auch jetzt noch relevant und nicht zu Unrecht auf einer Empfehlungsliste der NY Times für 2013. Die NSA Überwachung selbst wird sogar am Rande erwähnt. Schon in 2010 hatte die Washington Post darüber berichtet.

Was auch immer aus der Snowden Affäre folgt. Das, was wir heute Big Data nennen, wird nicht mehr verschwinden. Das Buch von Meyer-Schönberger ist daher eine gut Lektüre, um zu verstehen, worum es wirklich geht. Ist Big Data nun eine Revolution? Ich bin mir nicht sicher. Verändern werden sich aber sicher viele Bereiche, wie wir leben und wie wir handeln.

P.S.: ich habe dieses Buch als eBook auf dem Kindle gelesen und kann es wirklich empfehlen.

Tagung zur Netzpolitik – Teil 3


Dies ist der 3. Teil des Berichts über die Tagung zur Netzpolitik bei der Evangelischen Akademie in Tutzing. Die anderen sind hier.

Nach Anke Domscheit-Berg gab Richard Gutjahr eine Einführung in das Leistungsschutzrecht. Naja, primär war es dann doch ein bissiger Statusbericht über die Medienbranche. Der Wechsel von Print zu Digital ist definitiv vollzogen. Die Nutzung der digitalen Medien (Zeitschriften, Magazine, Bücher) überwiegt und die Erlaubnis, nun auch im Flugzeug digitale Geräte bei Start und Landung nutzen zu dürfen ist der letzte Todesstoss. Ich muss zugeben, dass ich bei Reisen nur noch im Flugzeug zu gedruckten Zeitschriften greife. Gutjahr hat das Thema zugespitzt und nicht bei allem würde ich ihm folgen wollen. Vor allem war seine Bemerkung, dass gedruckte Zeitschriften die gleiche Daseinsberechtigung haben wie Kutschen im Zentralpark zwar grundsätzlich richtig, gegenüber den Teilnehmern aber etwas unfair. Gutjahr ist Mitbetreiber von lobbyplag.eu, eine Site, die ich extrem spannend und wichtig finde.

Zum Leistungsschutzrecht selbst hat er zum Schluss seines Vortrags doch noch etwas gesagt. Im Prinzip ist wohl klar, dass das Gesetz Unsinn ist. Es schützt diejenigen nicht, um die es eigentlich gehen soll (die Journalisten). Außerdem ist der Hauptakteur bei der Erstellung des Gesetzes – der Springer Verlag – mittlerweile kein richtiger Verlag mehr. Google hat den Verlagen die Pistole auf die Brust gesetzt und sie unterschreiben lassen, dass sie den Snippets doch zustimmen. Das Gesetzt wird wohl wieder verschwinden.

Die anschließende Diskussion zur Netzneutralität war etwas einseitig. Zwar war es spannend, den Autor der sehr erfolgreichen Petition dazu kennen zu lernen – Johannes Scheller -, in der Diskussion fehlte aber ein Gegengewicht. So waren sich alle einig, das die Neutralität unbedingt gewahrt werden muss. Obwohl ich Spotify über die Telekom nutze und damit selbst gegen die Netzneutralität verstoße, bin ich im Prinzip auch dafür. Ein interessanter Satz kam von Igor Schwarzmann: „Das Internet hat jede Industrie verändert, die es berührt hat“

Am 3. Tag hat Christoph Bieber von der Universität Duisburg-Essen seine Sicht auf Formen und Foren der Netzpolitik aus politikwissenschaftlicher Perspektive dargelegt. Dabei hat er seine Beobachtungen des Unterausschusses Digitale Agenda bei den Koalitionsverhandlungen zur großen Koalition dargelegt. An mir war vorüber gegangen, dass aus diesem Ausschuss über Twitter per #uada mit der Aussenwelt kommuniziert wurde. Schade auch. Das hätte ich gerne live mitverfolgt. Bieber ist von einer Wechselwirkung zwischen Ausschuss und Außenwelt überzeugt. Sowohl Netzaktivisten, als auch Presse und Lobbyisten haben die Aktivitäten kommentiert und somit zumindest indirekt Einfluss genommen. Nach Abschluss der Verhandlungen finde ich vor allem gut, dass die nicht nur das Schlussdokument öffentlich ist, sondern auch Zwischenversionen davon, so dass die Veränderungen am Text nachvollzogen werden können.

Seine weiteren Ausführungen behandelten das Thema, ob Netzpolitik bereits Politikfeld oder noch ein politisches Handlungsfeld ist. Seiner Meinung nach letzteres. Netzpolitik ist zum einen ein Querschnittsthema, was sich auch in der Ausbreitung in viele Themen des Koalitionsvertrag widerspiegelt. Zum anderen ist der Diskurs noch grundsätzlich und auf wenige Akteure begrenzt. Ohne das es aber ein Politikfeld wird und somit auch zur „Chefsache“, wird es wohl nichts mit einem Internetminister. In dem Zusammenhang ist auch die Infografik zur Netzpolitik der Zeit spannend.

Auch hier gab es interessante Links:

Die anschließende Diskussionsrunde mit Politikern von SPD, Grünen, Linke, FDP und CSU gab nicht wirklich neues. Interessant war allerdings, dass Markus Blume von der CSU im Unterausschuss digitale Agenda an den Verhandlungen teilgenommen hat. Er hat jedoch die Einflussnahme von aussen auf die Verhandlungen durch die Netzgemeinde als starke Überhöhung abgetan. Er hätte davon nichts gespürt.