Tagung zur Netzpolitik – Teil 3


Dies ist der 3. Teil des Berichts über die Tagung zur Netzpolitik bei der Evangelischen Akademie in Tutzing. Die anderen sind hier.

Nach Anke Domscheit-Berg gab Richard Gutjahr eine Einführung in das Leistungsschutzrecht. Naja, primär war es dann doch ein bissiger Statusbericht über die Medienbranche. Der Wechsel von Print zu Digital ist definitiv vollzogen. Die Nutzung der digitalen Medien (Zeitschriften, Magazine, Bücher) überwiegt und die Erlaubnis, nun auch im Flugzeug digitale Geräte bei Start und Landung nutzen zu dürfen ist der letzte Todesstoss. Ich muss zugeben, dass ich bei Reisen nur noch im Flugzeug zu gedruckten Zeitschriften greife. Gutjahr hat das Thema zugespitzt und nicht bei allem würde ich ihm folgen wollen. Vor allem war seine Bemerkung, dass gedruckte Zeitschriften die gleiche Daseinsberechtigung haben wie Kutschen im Zentralpark zwar grundsätzlich richtig, gegenüber den Teilnehmern aber etwas unfair. Gutjahr ist Mitbetreiber von lobbyplag.eu, eine Site, die ich extrem spannend und wichtig finde.

Zum Leistungsschutzrecht selbst hat er zum Schluss seines Vortrags doch noch etwas gesagt. Im Prinzip ist wohl klar, dass das Gesetz Unsinn ist. Es schützt diejenigen nicht, um die es eigentlich gehen soll (die Journalisten). Außerdem ist der Hauptakteur bei der Erstellung des Gesetzes – der Springer Verlag – mittlerweile kein richtiger Verlag mehr. Google hat den Verlagen die Pistole auf die Brust gesetzt und sie unterschreiben lassen, dass sie den Snippets doch zustimmen. Das Gesetzt wird wohl wieder verschwinden.

Die anschließende Diskussion zur Netzneutralität war etwas einseitig. Zwar war es spannend, den Autor der sehr erfolgreichen Petition dazu kennen zu lernen – Johannes Scheller -, in der Diskussion fehlte aber ein Gegengewicht. So waren sich alle einig, das die Neutralität unbedingt gewahrt werden muss. Obwohl ich Spotify über die Telekom nutze und damit selbst gegen die Netzneutralität verstoße, bin ich im Prinzip auch dafür. Ein interessanter Satz kam von Igor Schwarzmann: „Das Internet hat jede Industrie verändert, die es berührt hat“

Am 3. Tag hat Christoph Bieber von der Universität Duisburg-Essen seine Sicht auf Formen und Foren der Netzpolitik aus politikwissenschaftlicher Perspektive dargelegt. Dabei hat er seine Beobachtungen des Unterausschusses Digitale Agenda bei den Koalitionsverhandlungen zur großen Koalition dargelegt. An mir war vorüber gegangen, dass aus diesem Ausschuss über Twitter per #uada mit der Aussenwelt kommuniziert wurde. Schade auch. Das hätte ich gerne live mitverfolgt. Bieber ist von einer Wechselwirkung zwischen Ausschuss und Außenwelt überzeugt. Sowohl Netzaktivisten, als auch Presse und Lobbyisten haben die Aktivitäten kommentiert und somit zumindest indirekt Einfluss genommen. Nach Abschluss der Verhandlungen finde ich vor allem gut, dass die nicht nur das Schlussdokument öffentlich ist, sondern auch Zwischenversionen davon, so dass die Veränderungen am Text nachvollzogen werden können.

Seine weiteren Ausführungen behandelten das Thema, ob Netzpolitik bereits Politikfeld oder noch ein politisches Handlungsfeld ist. Seiner Meinung nach letzteres. Netzpolitik ist zum einen ein Querschnittsthema, was sich auch in der Ausbreitung in viele Themen des Koalitionsvertrag widerspiegelt. Zum anderen ist der Diskurs noch grundsätzlich und auf wenige Akteure begrenzt. Ohne das es aber ein Politikfeld wird und somit auch zur „Chefsache“, wird es wohl nichts mit einem Internetminister. In dem Zusammenhang ist auch die Infografik zur Netzpolitik der Zeit spannend.

Auch hier gab es interessante Links:

Die anschließende Diskussionsrunde mit Politikern von SPD, Grünen, Linke, FDP und CSU gab nicht wirklich neues. Interessant war allerdings, dass Markus Blume von der CSU im Unterausschuss digitale Agenda an den Verhandlungen teilgenommen hat. Er hat jedoch die Einflussnahme von aussen auf die Verhandlungen durch die Netzgemeinde als starke Überhöhung abgetan. Er hätte davon nichts gespürt.

Tagung zur Netzpolitik – Teil 2

In Teil 1 hatte ich schon über die ersten Sprecher auf der Tagung zur Netzpolitik berichtet.

Jetzt geht es weiter mit dem Vortrag von Anke Domscheit-Berg zu Open Government. Dieser Vortrag hat mir ebenfalls gut gefallen. Er enthielt viele Anregungen zu Transparenz in Daten und Prozessen von Behörden und öffentlichen Einrichtungen. Sie hat eine ganze Reihe von Links vorgestellt, die ich mir in näherer Zukunft mal anschauen muss:

Ganz besonders interessant fand ich apps4deutschland.de. 77 Apps sind aus dem Wettbewerb entstanden. Mal sehen, ob da was für mich dabei ist…

Constanze Kurz hat an vielen Stellen des Vortrags von Anke den Kopf geschüttelt. Beide hatten aber keine Zeit das auszudiskutieren und daher haben wir nicht erfahren, was der Grund dafür war. Sehr schade. Das hätte viele interessiert.

Als nächstes war Catharina Maracke dran mit einer Ausführung zum Urheberrecht. Ebenfalls ein spannendes Thema. Nach einer Einführung in die Ziele des Urheberrechts und den aktuellen Stand hat sie einen Vorschlag zur Reformierung vorgestellt. Die bestehende Regelung soll demnach weiterhin als opt-in bestehen bleiben. Daneben soll es ein neues Urheberrecht 2.0 als „Auffangtatbestand“ geben. In diesem würde als Mindestniveau das exklusive Recht auf Namensnennung gelten, aber nicht mehr das exklusive Recht am Werk. Höhere Schutzniveaus könnten sich an Creative Commons anlehnen. Das neue Urheberrecht würde beiden Parteien – den Schöpfern und den Nutzern – etwas abverlangen. Schöpfer wurden nicht mehr automatisch die vollen Rechte am Werk bekommen und Nutzer nicht den vollen Zugriff. Eine interessante  Idee, die ich aber durch Unkenntnis nicht wirklich beurteilen kann.

… und es gibt noch einen 3. Teil.

Tagung zur Netzpolitik – Teil 1


Drei Tage Netzpolitik bei der evangelischen Akademie in Tutzing liegen hinter mir. Ein viel diskutiertes Thema dort war die Beschränkung der Diskussion auf eine kleine, eingeschworene Gruppe. Zu der gehöre ich sicher nicht und daher hier meine Eindrücke.

Die Agenda und später in der nächsten Woche auch die Videos der Vorträge gibt es auf der Webseite der EATutzing.

Gestartet hat die Tagung mit einem Vortrag von Markus Beckedahl (von netzpolitik.org). Er ist ein sehr launiger Redner und gab einen guten Überblick über die wichtigsten Themen der Tagung. Ich habe ihn noch nie live erlebt und daher kann ich nicht beurteilen, wie er sonst vorträgt. Einige der Aussagen erschienen mir zu pauschal und verallgemeinernd. Das war aber vielleicht der zur Verfügung stehenden Zeit geschuldet. Beleuchtet hat er unter anderem Datensicherheit und Überwachung, Datenschutz, Netzneutralität, Zugang zum Internet für alle, dezentrale Strukturen.

Der zweite Tag startete mit Constanze Kurz vom Chaos Computer Club. Ihr Thema, NSA, Prism und Tempora, lädt gerade dazu ein, ein Horror-Szenario aufzubauen. Constanze Kurz hat aber einen guten Weg gefunden, den aktuellem Wissensstand verständlich zu vermitteln. Hinsichtlich NSA ist klar geworden, dass aus Sicht der USA die Aktivitäten legal waren. Eine Erlaubnis der entsprechenden Stellen in den USA lag dafür vor. Es ist also nicht damit zu rechnen, dass die Aktivitäten zu Prism eingestellt werden. Aus europäischer Perspektive ist Tempora allerdings viel interessanter. Immerhin gehört England auch zur EU. Tempora lauscht an 200 Unterseekabeln und hat einen Zwischenspeicher für 3 Tage. Das entspricht in etwa 20 Petabyte. Gesammelt werden primär Metadaten, analysiert wird alles und verschlüsselte Daten werden aufbewahrt. Die sind natürlich sehr suspekt und vielleicht kann man sie später mal entschlüsseln. An die Nutzung primär zur Vermeidung von Terrorismus kann man nicht glauben. Bisher gibt es dafür keine offiziellen Anhaltspunkte. Dies wird vor allem durch US Projekte wie Bullrun deutlich, die die strukturelle Schwächung von Sicherheitsmaßnahmen zum Ziel haben. Bullrun hat dazu 250 Millionen pro Jahr zur Verfügung. Ein kleiner Teil der mehr als 50 Milliarden, die die USA insgesamt in dem Bereich pro Jahr ausgibt.

Dirk Brengelmann hat danach die Position des Auswärtigen Amts zum Thema Netzpolitik dargelegt. Er ist Deutschlands Cyber Beauftragter sowie Diplomat und wurde meiner Meinung nach seiner Rolle gerecht. Die Erwartungen waren natürlich höher. Das Maximum, was er zugestehen mochte war, dass die Regierung gegen die Schnüffeleien nicht vorgehen mag, weil ansonsten die Gefahr besteht, von Informationen abgeschnitten zu werden. Er sieht die aktuell diskutierte Resolution bei der UN, die mit den Brasilianern eingebracht werden soll, als einen Start einer notwendigen Diskussion dazu. Er verwies auch auf einen Artikel des ehemaligen Verfassungsrichters Udo di Fabio zur Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit (den hier fand ich interessant).

Soweit für heute. Mehr später.